Vortrag und Diskussion mit der Journalistin Annette Ramelsberger über ihre Erfahrungen mit dem NSU-Prozess, der vielfach als völlig ungenügende Aufarbeitung und vertane Chance beurteilt wird.
Die bekannte Gerichtsreporterin Annette Ramelsberger von der Süddeutschen Zeitung recherchierte bereits intensiv zum Attentat auf das Oktoberfest 1980, begleitete die Rechtsradikalen-Prozessen in den ostdeutschen Bundesländern bis hin zu Halle – schon zu DDR-Zeiten war sie dort akkreditiert. Die Veranstaltung fand online via Zoom statt und ist als Mitschnitt auf unserem Youtube-Kanal verfügbar.
Wirkung und Erkenntnisgewinn? Prozesse gegen rechts - Heinrich Böll-Stiftung Bremen
Direkt auf YouTube ansehenDie juristische Aufarbeitung und Ahndung rechten Terrors hat immer auch eine politische Wirkungsgeschichte – im Guten wie im Schlechten. Urteile können wichtige gesellschaftliche Signalwirkungen entfalten; die Prozesse selbst erlauben, in allen Teilen des Gerichtssaals, seltene psychosoziale Einblicke. Für große völkerrechtsbasierte Verfahren gilt das ebenso wie für äußerlich wenig spektakuläre Provinz-Prozesse.
Annette Ramelsberger, leitende Redakteurin bei der „Süddeutschen Zeitung“, berichtet seit Jahrzehnten über politisch kontextualisierte Strafgerichtsprozesse. Für ihre Berichterstattung über den NSU-Prozess wurde sie 2014 zur Journalistin des Jahres gewählt sowie mit dem Henri Nannen Preis ausgezeichnet. Sie recherchierte bereits intensiv zum Attentat auf das Oktoberfest 1980, begleitete die Rechtsradikalen-Prozessen in den ostdeutschen Bundesländern bis hin zu Halle – schon zu DDR-Zeiten war sie dort akkreditiert. Ramelsberger begleitete auch den Prozess über den fehlgeschlagenen Brandanschlag im niedersächsischen Salzhemmendorf, der tiefgehende gesellschaftliche Einblicke ermöglichte. Über diese vielfältigen Erfahrungen in Prozessen gegen rechts haben wir mit Annette Ramelsberger gesprochen und über deren juristische, gesellschaftliche und politische Relevanz diskutiert.
Im zweiten Teil der Reihe analysiert Ronen Steinke am 30. März 2022 die Bedeutung der Nürnberger Prozesse für die Entwicklung der internationalen Strafgerichtsbarkeit und die Verfolgung von Kriegsverbrechen. „Siegerjustiz“ oder der Beginn einer legitimen internationalen Strafgerichtsbarkeit im Namen und zum Schutz der Menschenrechte? Der Nürnberger Prozess, in dem vor 75 Jahren die Urteile verkündet wurden, und die Folgeprozesse waren von Beginn an hoch umstritten; vor allem natürlich in Deutschland. Aber der Grundgedanke einer supranationalen Verfolgung von Völkermord und Kriegsverbrechen hat sich durchgesetzt und zur Gründung des Internationen Strafgerichtshofs in Den Haag geführt. Aber wie sieht heute die Erfolgsbilanz dieser Idee und ihrer Umsetzung aus?
Ronen Steinke hat über das Thema „Politik der internationalen Strafgerichtsbarkeit. Deutsche Perspektiven von Nürnberg bis Den Haag“ promoviert. Heute arbeitet er als Redakteur bei der „Süddeutschen Zeitung“. Dazu hat er mehrere Bücher veröffentlicht: „Fritz Bauer oder Auschwitz vor Gericht“, „Der Muslim und die Jüdin. Die Geschichte einer Rettung in Berlin", „Terror gegen Juden“. Sein neuestes Buch „Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich“ erschien im Januar 2022. ➔ zur Veranstaltung.
Beide Veranstaltungen finde im Rahmen des Bremer Programms zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus statt.
Am 4. Februar in Zusammenarbeit mit dem Institut français, mit dem wir auch für die Ausstellung „Prozesse filmen“ kooperieren. Die Ausstellung zeigt erstmals öffentlich zugängliches Material u.a. aus den Verfahren gegen Klaus Barbie, Maurice Papon, Augusto Pinochet und Ngenzi/Barahira.