Das leere Grab

Veranstaltungsbericht

Film und Gespräch am 30. Mai 2024 über die Spuren und Traumata, die die deutsche Kolonialherrschaft in tansanischen Familien und Communities bis heute hinterlassen hat – und über die Stärke und Selbstermächtigung der Hinterbliebenen, die sich hartnäckig für eine vollständige Aufklärung einsetzen.

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Screenshot aus dem Film "Das leere Grab": Man sieht Schwarze Menschen, die um einen Sarg herumstehen, der komplett mit Sand gefüllt ist.

Seit Jahrzehnten fordern Familien aus Tansania die Rückkehr der Gebeine ihrer Vorfahren: hingerichtete Anführer im Widerstand gegen die Kolonialmacht im sog. Deutsch-Ostafrika. Tausende Gebeine von Menschen aus den Kolonien wurden um 1900 für rassistische „Forschung“ u.a. nach Berlin geschickt. Im Rahmen der Recherche-Ausstellung MAREJESHO ist es erstmals per DNA-Abgleich gelungen, einige der Vermissten zu identifizieren.

Doch noch immer wissen viele Familien nicht, wo sich ihre Vorfahren befinden. Und selbst die Rückkehr der Identifizierten zur Beisetzung in der Heimat gestaltet sich schwierig. Der Dokumentarfilm „Das leere Grab“ von Cece Mlay und Agnes Lisa Wegner (204, 97 Min., Omu) folgt zwei Familien auf ihrer mühsamen Suche nach ihren Vorfahren.

Handlung des Films: Im Süden Tansanias begibt sich der junge Anwalt John Mbano mit seiner Frau Cesilia auf die Spuren seines Urgroßvaters, der vor über 100 Jahren von der deutschen Kolonialarmee hingerichtet wurde. Ähnlich geht es Felix und Ernest Kaaya: Im Norden Tansanias kämpfen sie um die Rückführung der Gebeine ihres Vorfahren und reisen dafür in die Metropole Dar es Salaam. Beide Familien ringen mit dem Dickicht deutscher und tansanischer Bürokratie, erhalten aber auch Unterstützung von Aktivisten wie Mnyaka Sururu Mboro und Konradin Kunze, die in Deutschland Sichtbarkeit für das Thema schaffen. Mit deren Hilfe werden die Mbanos schließlich im Auswärtigen Amt in Berlin empfangen, und dann kommt sogar Bundespräsident Steinmeier in ihre Heimatstadt, um sich für das zugefügte Leid zu entschuldigen. Das Grab jedoch ist immer noch leer.

Im Film, der von der Heinrich Böll-Stiftung (Bundesstiftung) mitfinanziert wurde, erzählt das deutsch-tansanische Regieduo Agnes Lisa Wegner und Cece Mlay von den Spuren und Traumata, die die deutsche Kolonialherrschaft in tansanischen Familien und Communities bis heute hinterlassen hat – und von der Stärke und Selbstermächtigung der Hinterbliebenen, die sich hartnäckig für eine vollständige Aufklärung einsetzen. Die von Nachfahren gemeinsame mit Decolonize Berlin entwickelte App wewantthemback.berlin ermöglicht einen ersten Einstieg in die Suche nach den Gebeinen der Vorfahren.

Am 30. Mai 2024 wurde der Film als Kooperation zwischen dem Kommunalkino City46 und der Heinrich Böll-Stiftung Bremen gezeigt. Im Anschluss gab es ein Nachgespräch mit Ohiniko M. Toffa und Wiebke Ahrndt. Dr. Ohiniko M. Toffa forscht zu Themen der deutschen Kolonialgeschichte und des Postkolonialismus, aktuell ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für den Bereich Provenienzforschung zu kolonialen Sammlungen. Die Ethnologin Prof. Dr. Wiebke Ahrndt leitet seit 2002 das Überseemuseum Bremen (das einstige „Deutsche Kolonialmuseum“) und ist Präsidentin des Deutschen Museumsbundes (DMB).

Link zum Trailer

Veransstatungsort & Kooperation: City 46 (Birkenstraße)