Unverblümter Protektionismus

Hintergrund

Der Einfuhrzoll auf kambodschanischen Reis schadet der kambodschanischen Landwirtschaft und widerspricht den EU-Förderregeln für wenig entwickelte Länder.

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Reis in Kambodscha. Foto von einem Farmer, der sein Reisfeld bestellt

Mit sofortiger Wirkung hat die EU Kommission am 18. Januar die Einführung von Zoll auf kambodschanischen und burmesischen Reis der Marke INDICA eingeführt. Pro Tonne Reis werden in 2019 175 Euro als Zoll erhoben, in 2020 150 Euro und ab 2021 125 Euro pro Tonne. Ganz offen wurde als Grund angegeben, dass die reisproduzierenden Länder innerhalb der EU, allen voran Italien und Spanien, Schwierigkeiten haben, ihren Reis abzusetzen. Die ursprüngliche Klage gegen Reis aus Kambodscha und Myanmar wurde von Italien erhoben. Andere reisproduzierenden Länder wie Spanien, Frankreich, Portugal oder Griechenland schlossen sich der Klage an.

Mit der Einführung eines solchen Zolls, den man getrost als Schutzzoll bezeichnen kann, sollen Myanmar und Kambodscha in eine schlechtere und Länder wie Italien oder Spanien in eine bessere Position gerückt werden. Dies ist die gleiche Motivation, die Trumps Handelskrieg gegenüber China begründet. Man kann auch vermuten, dass die EU Kommission im wichtigen Wahljahr 2019 die stark europaskeptische italienische Bevölkerung beschwichtigen wollte.

Kambodscha und Myanmar profitieren derzeit noch von EU Handelsvorteilen im Rahmen der sogenannten „Everything But Arms“-Regelung EBA. Sie dürfen zollfrei in die EU exportieren, was nicht Waffen sind. Dieser Handelsvorteil soll den ärmsten Ländern helfen, ihre Wirtschaft zu stärken und zu diversifizieren. In der Vergangenheit nutzte Kambodscha dies vor allem für den Export von Textilien und Schuhen. Aber auch Pfeffer, Fahrräder oder eben Reis fielen darunter.

Dass die EU nun entschied, Reis aus den Handelspräferenzen auszunehmen, widerspricht ihrer eigenen Regelung zur Förderung der am wenigsten entwickelten Länder. Die Begründung, dass der Reis aus Kambodscha und Myanmar billiger ist als europäischer Reis, ist richtig. Aber gerade das ist schließlich der Sinn der Handelspräferenz, denn sonst wären die Produkte aus den EBA Ländern nicht konkurrenzfähig. Die Glaubwürdigkeit der EU und ihrer Politik, die benachteiligsten Ländern der Welt gezielt durch Handelsvorteile zu unterstützen, geht durch die jüngste Entscheidung verloren.

China wird mehr Reis importieren

Welche Auswirkungen hat dies nun für den kambodschanischen Reisexport? Der kambodschanische Regierungssprecher Phay Siphan gab sich zuversichtlich, dass der kambodschanische Reis auch mit Zoll immer noch konkurrenzfähig gegenüber dem europäischen Reis ist. Gleichzeitig hat sich Kambodscha schon bei China und den Philippinen darum bemüht, mehr Reis dort absetzen zu können. Im Gegenzug kündigten chinesische Agrarfirmen an, vermehrt Land für die Reisproduktion in Kambodscha zu pachten, um den wachsenden Bedarf Chinas zu bedienen. Dies mag zur Folge haben, dass die Nachhaltige Reis-Plattform (Sustainable Rice Platform SRP), ein Zusammenschluss von ökologisch und sozial produzierenden Kleinbauern, die sich auch gegen Kinderarbeit wenden, weniger Bedeutung haben wird. Denn während in der EU diese Produktionsmerkmale auch von wirtschaftlicher Bedeutung sind, spielen diese auf dem innerasiatischen Markt keine große Rolle.   

Eine Strategie zur Umgehung der Zölle könnte nun sein, Reis schon in Kambodscha weiter zu verarbeiten, z.B. zu Reismehl oder Halbfertigprodukten aus Reis, die nicht unter den Zoll fallen würden.

Es steht allerdings auch zu befürchten, dass nun kambodschanischer Rohreis z.B. nach Thailand oder Vietnam exportiert wird und von dort als weiterverarbeiteter Reis in die EU kommt. Das jüngst abgeschlossene Handelsabkommen der EU mit Vietnam zum Export von Holz hat gezeigt, dass die EU auf diesem Auge blind ist. Das Abkommen wird nämlich möglicherweise dazu führen, dass illegal in Kambodscha geschlagenes Holz erst nach Vietnam exportiert wird und dann von dort als vietnamesisches Holz in die EU gelangt. Darauf haben Umweltschutzorganisationen seit längerem hingewiesen, doch die EU hat die Bedenken zur Seite gewischt. Ähnliches ist zukünftig ebenso für Reis vorstellbar.

EU Handelspräferenzen müssen berechenbar bleiben

 Auch Lu Maw Myint Mang vom Sekretariat der Myanmar Reisföderation beschwichtigt gegenüber Radio Free Asia, dass lediglich 66.000 – 110.000 Tonnen Reis der Marke Indica von den neuen Zöllen betroffen sind. Sowohl in Kambodscha als auch in Myanmar schwingt in den offiziellen Statements mit, dass die Zölle auf Reis eventuell verschmerzbar sind, aber die für beide Länder viel wichtigere Textilindustrie verschont bleiben möge.  

Die EU überprüft derzeit sowohl bei Myanmar als auch bei Kambodscha, ob die EBA Handelspräferenz insgesamt noch tragfähig ist. Hier sollte die EU ihre Kriterien offenlegen und auch ihre Vorstellungen klarmachen. Undurchsichtige Einzelentscheidungen wie die Einführung eines Zolls auf Reis sind hier nur schädlich, denn sie untergraben die Seriosität und die Berechenbarkeit der EU Politik als Ganzes.